Alexander Schneider, Nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft, HfWU Nürtingen-Geislingen
Exposé für die Masterarbeit „Das Thema Tierhaltung im Nachhaltigkeitstool RISE - Status Quo und Weiterentwicklung mit Schwerpunkt Rind“

Einleitung

Nachhaltigkeit ist zu einem zentralen Leitbild für die Entwicklung im 21. Jahrhundert geworden. Die Landwirtschaft ist ein Bereich, in dem die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung besonders wichtig ist. Nur mit einer nachhaltig betriebenen Landwirtschaft kann die Nahrungsmittelversorgung, aber auch eine intakte Umwelt für zukünftige Generationen sichergestellt werden (Christen und O'Halloran-Wietholtz 2002, S. 9). Um das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in der landwirtschaftlichen Praxis umzusetzen, sind Instrumente, die Nachhaltigkeit für Betriebsleiter und Praktiker greifbar machen, von besonderer Bedeutung (Grenz 2017). Ein Beispiel für ein solches Instrument ist RISE, das von der Berner Fachhochschule entwickelt wurde. RISE steht für Response- Inducing Sustainability Evaluation, was den Charakter dieses Instruments verdeutlicht: Die Nachhaltigkeitsanalyse soll maßnahmenorientiert sein. RISE misst also nicht nur Nachhaltigkeit, sondern will Landwirte auch bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit unterstützen. Hierzu betrachtet RISE auch die Tierhaltung auf einem Landwirtschaftsbetrieb. Im Gegensatz zu vielen anderen Nachhaltigkeitsbewertungsinstrumenten beschränkt sich RISE bei der Betrachtung von Tierhaltungen nicht nur auf ökologische Aspekte wie Tierbesatz oder Düngeranfall. Auch andere Aspekte wie Tierwohl und Produktivität werden als relevant für eine nachhaltige Tierhaltung erachtet.

Problemstellung und Zielsetzung

Gegenwärtig sind mehrere Schwachstellen im RISE-Thema Tierhaltung bekannt. Die Fragen anhand derer die Nachhaltigkeitsbewertung vorgenommen wird sind generisch, d.h. für alle Tierarten gleich formuliert. Damit verbunden erwecken die Fragen einen oberflächlichen Eindruck, weshalb dem eigentlichen Ziel von RISE, nämlich der Beratung von Landwirten in Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit, derzeit unzureichend Rechnung getragen wird. Rückmeldungen von Landwirten zeigten, dass Sie von RISE im Thema Tierhaltung derzeit wenig Neues erfahren (Grenz 2017). Zudem fehlen bei den meisten Fragen Richtwerte zur Beurteilung, was die Bewertung mehr oder weniger vom subjektiven Ermessen des Auditors abhängig macht. Schließlich ist Nachhaltigkeit auch ein dynamischer und komplexer Begriff. Es ist unklar, inwieweit das RISE-Leitbild von „Nachhaltiger Tierhaltung“, das letztmalig 2014 überarbeitet wurde, dem heutigen Verständnis entspricht.

In dieser Arbeit wurde daher ein Vorschlag zur Überarbeitung des RISE-Themas Tierhaltung erarbeitet. Hierzu galt es vier Forschungsfragen zu klären:

Welchen Aspekten sollte ein Leitbild nachhaltiger Nutztierhaltung gerecht werden?
Welche dieser Aspekte sind für das RISE-Thema Tierhaltung relevant?
Welche Parameter anderer Indikatorensysteme eignen sich, um diese Aspekte greifbar zu

machen und damit zur Überarbeitung des RISE-Themas Tierhaltung?
Inwieweit eignet sich der Überarbeitungsvorschlag für den Einsatz in RISE?
Alexander Schneider, Nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft, HfWU Nürtingen-Geislingen
Ein wesentlicher Schlüssel zur Verbesserung der gegenwärtigen Version wird in der Entwicklung tierartspezifischer Fragestellungen gesehen, weshalb die Überarbeitung spezifisch für die Tierart Rind (Bos taurus) erstellt wurde.

Methodische Vorgehensweise

Der Aufbau dieser Arbeit folgt den dargelegten Forschungsfragen. Im ersten Schritt wurde eine Literaturrecherche vorgenommen, um generelle Aspekte zu identifizieren, die in einem Leitbild von nachhaltiger Nutztierhaltung berücksichtigt werden sollten. Dieses Leitbild wurde im nächsten Schritt der aktuellen RISE-Version gegenübergestellt, um jene Aspekte zu identifizieren, die tatsächlich im RISE-Thema Tierhaltung betrachtet werden sollten. Es zeigte sich, dass dies die Aspekte Tierwohl, Produktivität und Qualität sowie nachhaltige Tierzucht sind. Im nächsten Schritt galt es, Prüfparameter zu finden, anhand derer diese Aspekte nachhaltiger Tierhaltung operationalisiert werden können. Hierzu wurde sich an sechs anderen Indikatorensystemen, die zur Tierwohl- bzw. Nachhaltigkeitsbewertung von Rinderhaltungen eingesetzt werden, orientiert. Im letzten Schritt wurde der Überarbeitungsvorschlag, gemeinsam mit der aktuellen RISE-Version, auf zwei rinderhaltenden Betrieben getestet.

Ergebnisse

Es wurde ein Überarbeitungsvorschlag für das RISE-Thema Tierhaltung mit insgesamt 57 Prüffragen entwickelt. Diese ermöglichen eine wesentlich differenziertere, reliablere und umfassendere Bewertung als es mit der gegenwärtigen RISE-Version der Fall sein kann. Eine erleichterte Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in Tierhaltungen kann bei Anwendung des Überarbeitungsvorschlages erwartet werden. Diese Stärken wurden im Rahmen der Testerhebungen bestätigt. Auf beiden Testbetrieben ließen sich Schwachstellen in Hinblick auf Tierwohl bzw. Nachhaltigkeit ausmachen, die mit der aktuellen RISE-Version verborgen geblieben wären. Es zeigte sich aber auch noch Weiterentwicklungsbedarf. Vor allem der hohe Zeitaufwand der Erhebung (2 – 2,5 h) kann sich für die Implementierung in RISE als hinderlich erweisen. Außerdem gilt näher zu klären, inwieweit das erarbeitete, von subjektiven Wertvorstellungen geprägte Leitbild einer nachhaltigen Tierhaltung mit dem Ziel der internationalen Einsetzbarkeit von RISE kompatibel ist. Nicht in allen Ländern lässt sich der hohe Stellenwert, dem Tierwohl eingeräumt wird, mit Verweis auf gesellschaftliche oder ethische Forderungen rechtfertigen.

Fazit

Der erstellte Überarbeitungsvorschlag kann als eine gute Grundlage für die Weiterentwicklung von RISE angesehen werden. Es wurde ein auf RISE zugeschnittenes Leitbild nachhaltiger Tierhaltung entworfen, das durch die Orientierung an anderen Indikatorensystemen wissenschaftlich fundiert und praxisorientiert operationalisiert wurde. Der Überarbeitungsvorschlag kann landwirtschaftlichen Betrieben Potentiale zur Steigerung von Nachhaltigkeit bzw. Tierwohl aufzeigen. Zudem können die Ergebnisse der Nachhaltigkeitserhebung für eine Kommunikation nach außen genutzt werden, was angesichts des zunehmend kritischeren gesellschaftlichen Blicks auf die Landwirtschaft als wertvoll angesehen werden kann. Der Überarbeitungsvorschlag wurde beschränkt auf die Tierart Rind erstellt. Er stellt jedoch ein Grundgerüst dar, das leicht um andere Tierarten erweitert werden kann.
Alexander Schneider, Nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft, HfWU Nürtingen-Geislingen
Literaturverzeichnis

Christen, O.; O'Halloran-Wietholtz, Z. (2002): Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft. Schriftenreihe des Instituts für Landwirtschaft und Umwelt Bonn, Heft 3.

Grenz, J. (2017): Nachhaltigkeitsanalyse von Landwirtschaftsbetrieben. In: Agrarforschung Schweiz 8 (10), S. 410–413.