Verhaltensbezogene Effekte einer Strukturierung der Liegefläche im Kompostierungsstall

Bericht verfasst von Frau Henrike Betz - Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

 

Verhaltensbezogene Effekte einer Strukturierung der Liegefläche im Kompostierungsstall

Thema
Die heutige Nutztierhaltung muss eine Menge politischer und gesellschaftlicher Anforderungen erfüllen, wobei die Themen Tiergerechtheit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz immer wichtiger werden.

Nicht alle Landwirte haben die Möglichkeit einer Weidehaltung, weshalb über Stallsysteme mit größtmöglicher Ähnlichkeit nachgedacht werden muss. Hierbei haben Systeme mit einer freien Liegefläche seit einigen Jahren einen Aufschwung erfahren. Das aus Israel stammende System des Kompostierungsstalls ist in der Milchviehhaltung besonders beliebt und glänzt mit positiven Ergebnissen, die sich sowohl auf die Tiere (z.B Tiergesundheit), als auch auf die Landwirte (z.B Arbeitswirtschaft) beziehen.

Durch die Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) Rind (www.eip-rind.de) werden emissionsmindernde, tiergerechte und umweltschonende Rinderställe neu oder umgebaut. Ich hatte das Glück, an diesem spannenden Projekt mit einer Verhaltensuntersuchung in einem 2018 neu erbauten Kompostierungsstall mitzuwirken und unter Betreuung von Frau Prof. Dr. Barbara Benz meine Bachelorthesis zu verfassen.

Fragestellung und Zielsetzung

Durch die Etablierung von freien Liegeflächen in der Milchviehhaltung stellt sich die Frage, ob man diesen eine Struktur geben sollte. Dies gelingt beispielsweise durch strukturgebende Elemente, oder – wie in vorliegendem Versuch – durch Gatterabtrennungen in verschiedene Abteile. Der Grund hierfür liegt im Sozialverhalten der Tiere, da je nach Platzangebot und Stalleinrichtung, ein Nachteil für rangniedere Kühen entstehen kann. Sie werden beispielsweise beim Ruhen gestört und müssen aufspringen, wenn ranghöhere Tiere vorbei möchten.
Bei anderen Tierarten (Pferd, Ziege) wurden bereits positive Effekte bezüglich Sozial- und Ruheverhalten beobachtet. Bei Milchkühen liegen jedoch derartige Ergebnisse nur sehr vereinzelt vor. Deshalb setzte sich die Arbeit zum Ziel, die Auswirkung einer Strukturierung der Liegefläche auf das Liege- und Stehverhalten der Milchkühe zu beobachten und dabei die gesamte Charakteristik der Herde ins Auge zu fassen.

Durchführung

Im Kompostierungsstall des EIP-Betriebs Förster wurden über zwei Zeiträume von je 14 Tagen insgesamt 1006 Bilder einer Wildkamera ausgewertet, die jeweils in zehnminütigem Abstand von 10–16 Uhr bei unstrukturierter und strukturierter Liegefläche aufgenommen wurden. Die Einteilung der Liegefläche in sieben Sektoren, ermöglichte eine Zuordnung aller sich darauf befindenden Kühe, wobei zwischen den Zuständen „liegend“ und „stehend“ unterschieden wurde.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen insgesamt eine eindeutige Präferenz des Liegeortes zu den randnahen Sektoren, wo die Liegefläche durch Abtrenngitter begrenzt wurde. Durch die Strukturmaßnahmen entstanden vier abgetrennte Bereiche, welche eine sichtbar bessere Ausnutzung der Liegefläche bzw. gleichmäßigere Verteilung der Kühe bewirkte. Eine Messung der Temperatur und relativen Feuchtigkeit im Stall, sorgte für das Ergebnis einer insgesamt positiven Korrelation zwischen dem Anteil liegender Kühe und dem errechneten THI (Temperatur-Feuchtigkeits-Index) mit | r | = 0.24 und p < 0.05. Durch eine zusätzliche Untersuchung mit Pedometern auf freier Liegefläche, konnten deutliche Unterschiede der Liege-, Steh- und Gehzeit in Abhängigkeit des Herdenranges herausgearbeitet werden: Rangniedere Kühe liegen durchschnittlich pro Tag 8.36 Stunden, stehen 14.76 Stunden und gehen 0.88 Stunden, während Ranghöhere (ab der 3. Laktation) 10.92 Stunden liegen, 12.24 Stunden stehen und 0.84 Stunden gehen.

Ausblick

Das Sozial- Liege- und Ruheverhalten von Milchkühen wird durch die Stalleinrichtung und das Platzangebot maßgeblich beeinflusst. Die Vorteile eines Stallsystems mit freier Liegefläche sollten durch die Überlegung einer passenden, betriebsindividuellen Strukturmaßnahme ergänzt werden, sodass den Tieren ein bestmögliches Umfeld geboten werden kann. Die in dieser Arbeit behandelte Thematik konnte grundlegend erörtert werden und gibt bei abschließender Betrachtung Motivation für weiteren Forschungsbedarf.